Reisebericht Schottland West Highland Way und Kurzbesuch in Edinburgh vom 19.04. bis 28.04.2011
Schottland, nördlicher Nachbar der Engländer… Wer kennt sie nicht, die Bilder atemberaubender, einsamer Landschaften der Highlands, der Lochs, den Dudelsack spielenden Männern in Kilts, die zu später Stunde gern dem Genuss des Nationalgetränk, dem Whisky frönen?
Auch halten sich hartnäckig die Gerüchte vom sprichwörtlichen Geiz der Schotten, wie er in den Schottenwitzen gern transportiert wird. Doch eher das Gegenteil ist der Fall, denn die Schotten sind ähnlich wie die Iren ein sehr gastfreundliches Volk, das zum einen sehr British daherkommt, zum anderen aber bemüht ist, die eigene Geschichte, Traditionen und Gebräuche, ihre sprachlichen Besonderheiten wie z.b. den in den Lowlands gebräuchlichen Dialekt das sogenannte Lowlands Scot, auch Lallans genannt oder das vom irischen abstammende Gälisch zu pflegen und zu erhalten.
Hier also ein paar Eindrücke von meiner Wanderung auf dem West Highland Way sowie einer leider viel zu kurzen Zeit in der tollen Stadt Edinburgh! Soviel sei vorab gesagt… Schottland ist eine (oder auch mehrere) Reisen wert!
Bonnie Scotland. Here I come.
Was hatte ich mich nicht vorher mit diesem Urlaub beschäftigt!
Nach meinem zwei traumhaften Irland-Aufenthalten in 2008 und 2010 hatte ich mich Anfang März kurzfristig für eine Reise auf die britische Insel entschieden. Fest stand, ich wollte wandern! Überwiegend zu Fuß in einem anderen Land unterwegs zu sein, ist für mich die intensivste Art, Land und Leute kennenzulernen. Gesagt, getan.
Einen Flug über meine Lieblings-Billigflieger-Airline Ryanair von Weeze nach Edinburgh gebucht, mal eben gefühlte 1000 nicht unbedingt immer kurzweilig und informativ zu nennende Forumsbeiträge über Fernwanderwege, angemessene Kleidung sowie nötiges Gepäck gelesen, mühsam Unterkünfte gebucht sowie ein paar Bustickets online erstanden, was sich später als sehr vorteilhaft erwies… und da stand auch schon der Urlaub vor der Tür.
Der West Highland Way, den ich mir für meinen Fußweg ausgeguckt hatte und den ich in sieben einzelnen Etappen gehen wollte, ist ein Fernwanderweg, der nördlich vom Glasgower Zentrum gelegenen Stadtteil Milngavie (ausgesprochen wie Mullguy) beginnt und zunächst durch die sanfte Landschaft der Lowlands zum Loch Lomond führt. Der Loch Lomond ist mit 72 Quadratkilometer der größte See in Schottland. Nachdem man den See hinter sich gelassen hat, geht´s langsam aber stetig immer weiter in die Highlands hinein bis hin zur vom Ausgangspunkt der Wanderung 154 km entfernten, am Fuße des Ben Nevis in (Großbritanniens größtem Berg) liegenden Kleinstadt Fort William.
19.04 2018
Tag 1: Anreise nach Glasgow vom Flughafen Weeze am Niederrhein.
Nachdem ich morgens getrödelt, dann irgendwann hektischen mein Gepäck kontrolliert und die Wohnungsschlüssel bei meinen Freunden in Hörde abgegeben hatte, breche ich um kurz vor 13 Uhr in Richtung Weeze Flughafen auf, wo ich gegen 14:30 Uhr bei traumhaften Wetter ankomme. Am Flughafen geht das Einchecken wirklich sehr schnell, das Gepäck (doch 12kg) ist schnell aufgegeben, sodass ich noch ein paar ankommende und ausgehende Flüge auf der Terrasse des Flughafens bei einem Stück Käsekuchen und einer Tasse Kaffee genießen kann .
Da an diesen Tag offensichtlich ganz Holland und auch ein paar Deutsche zu ihrem Osterurlaub in den Süden aufbrechen, verspätet sich mein Flug dann auch um eine halbe Stunde, was für die Anschlüsse mit dem Bus in Edinburgh aber kein Problem darstellen sollte .
Um 17:40 Uhr landen wir in Edinburgh, von wo aus es dann nach kurzer Passkontrolle und Gepäckannahme weiter mit dem Airlink 100 in Richtung Stadtzentrum geht. Nach nur zwei Stationen folgt der Umstieg an der Maybury Junction und es geht nach einem kurzen Getränkekauf an der dortigen Shell-Tankstelle mit dem 900er Citylink auf der anderen Straßenseite in Richtung Glasgow, Buchanan Bus Station, dem zentralen Bushaltepunkt der Stadt weiter.
Dort komme ich ich gegen 19:45 Uhr an, um dann um 20:012 Uhr mit dem Bus 119 nach Milngavie, dem Startpunkt meiner Wanderung weiterzufahren. Das Ticket muss hierfür direkt beim Busfahrer erworben werden. Die Bustickets für die Fahrten mit Citylink habe ich mir mit freundlicher Hilfe eines Kumpels vorher über http://www.citylink.co.uk gebucht. Leider ist man bei der Bezahlung via Internet in UK ohne Kreditkarte aufgeschmissen, was sich bei solchen Geschichten genauso störend bemerkbar macht, wie bei der Vorausbuchung von Unterkünften. Wer viel im Internet einkauft, sich aber nicht den Gefahren einer Kreditkarte aussetzen möchte, dem sei an dieser Stelle vielleicht eine der im Internet vertriebenen (virtuellen) Prepaid-Kreditkarten empfohlen. Gegen eine Gebühr (Angebote auf jeden Fall genau vergleichen!!!) erhält man dann die Kreditkartendaten, mit denen man nach Aufladung seines Guthabens seine Onlineenkäufe bezahlen kann.
Zurück zum Thema Bus:
Frühzeitig online gebucht und sich auf eine bestimmte Fahrt festgelegt (Super Singles Fare) kann hier kräftig gespart werden. So habe ich für die Fahrten von Edinburgh – Glasgow und Fort William – Edinburgh sowie Edinburgh – Glasgow etwa 13 Pfund bezahlt. Gegenüber einer Bezahlung vor Ort bzw. einer Fahrt mit dem Zug eine echt preisgünstige Alternative, WLAN an Bord inklusive!
In Milngavie komme ich mit leichter Verspätung um 20:15 Uhr an der von mir vorher ausgekundschafteten Haltestelle an, wobei es von dort aus noch gut 20 Minuten zu Fuß ins Dorf Craigten sind, wo sich mein erstes B&B befindet.
Erste Herausforderung:
Bei hereinbrechender Dunkelheit, meiner Nachtblindheit und null Beleuchtung die Unterkunft unter mehreren Häusern in dieser Bauernschaft auszumachen. Dies führt dazu, dass ich im komplett falschen Haus, wo ich anklingele, von einer aufgebrachten Mittdreißigerin unsanft (What the f*ck are you doing here? There are kids in the house. Get out!) angebrüllt und aus dem Haus geworfen werde, bevor sie hektisch die Tür hinter sich verschließt.
Nachdem der Schreck nachlässt und ich nun den kleinen Hügel weiter hochlaufe, komme ich nach einigen Metern endlich im B&B Tambowie Farm an, wo ich von Mrs. Graham und ihrem Mann Colin nett empfangen werde. Nach einer kleinen Katzenwäsche und einer Bestandsaufnahme der aktuellen Fernsehthemen gehe ich zu Bett, um für den nächsten Tag ausgeruht zu sein.
Tag 2:
Etappe 1 von Milngavie nach Drymen (19km)
Nach einem deftigen Frühstück und einem kleinen ‚chitchat‘ mit Irene und Collin über den kommenden Fußballmeister Borussia Dortmund, die Radikalität der Glasgow Fans sowie die Anforderungen des Wanderweges, mache ich mich auf zur ersten Etappe, wobei ich zunächst den Weg zurück in die Ortschaft mache, um am offiziellen Startpunkt meine Tour zu beginnen. Der mir von Irene empfohlene, da abseits der Straße gelegene Weg führt mich an der Westseite des Golfplatzes vorbei ins beschauliche Zentrum von Milngavie.
Dort angekommen, werde ich von einem älteren Herren gebeten, mich im Infobüro für den West Highland Way in ein Gästebuch einzutragen. Dort unterhalte ich mich mit einem Mitarbeiter, der mir Komplimente bezüglich meines akzentfreien Englisch macht, was ich arg übertrieben finde, er aber zum Ausgangspunkt nimmt, für sein Anliegen zu werben, nämlich mir für fünf Pfund ein Logbuch anzudrehen, dass man sich an den einzelnen Etappen des WHW abstempeln lassen kann. Mir fehlt dafür allerdings irgendwie der nötige Sportsgeist, bezahlt habe ich trotzdem. Zumindest ein kleines Souvenir und eine kleine Spende für die Unterhaltung des Weges.
Ich decke mich im örtlichen Tesco mit Wasser, Brot und Cheddar-Käse ein und mache ich mich endgültig auf die erste Etappe von rund 20 Kilometern von Milngavie nach Drymen, die zunächst aus Milngavie heraus durch einen Park, später an einem Wald vorbei und dann durch ein langgestrecktes Tal führt, welches bis 1958 von einer Eisenbahnlinie zwischen den Highlands und Glasgow befahren wurde, bevor man diese aus Gründen der Unwirtschaftlichkeit aufgab.
Auf dem Weg… …durch die Lowlands Sanftes Grün… …durchmischt sich… …langsam… …aber sicher… …mit deutlichen Brauntönen.
Das Wetter ist mit geschätzten sonnigen 18-20 Grad total super und so komme ich nach einer Wanderung durch eine schöne sanfte und abwechslungsreiche Landschaft gegen halb 5 Uhr am 1. Etappenziel meiner Wanderung, in Drymen, einer Ortschaft die außer einem Ortskern mit Pub und einem SPAR nichts Außergewöhnliches zu bieten hatte, an. Dennoch ist Drymen ein schönes Örtchen.
Kurz decke ich mich im SPAR mit einigem Zeugs, Obst und einem Bier, für den Abend ein und schon geht’s ins von mir für diese Nacht ausgesuchte B&B von Mr. und Mrs Lander, wobei mich die Dame des Hauses, die gerade ihren sehr schönen Garten bewässert, bei meiner Ankunft freundlich mit den Worten: ‚Oh, you must be Olaf‘ begrüsst.
Tag 3 – Etappe 2 von Drymen – Rowardennan (24 km)
Den Abend nutze ich komplett zur Erholung, soll heißen Fernsehen, bevor ich mich dann am nächsten Morgen nach einem ausgiebigen Frühstück, bestehend aus Porridge, Eiern, Speck, Potato-Scones, Oat-Cakes und Fruchtsalat und einer sehr netten Unterhaltung über aktuelle Themen wie Bombenattentatsversuche auf den Celtic-Trainer und zwei weitere prominente Fans sowie die anstehende Wahl und die Integrationsdebatte in Deutschland und Schottland auf den Weg nach Rowardennan mache.
Der Weg geht zunächst durch den Wald, wobei aber eine Umleitung (wenigstens gibt es hier eine) aufgrund von Waldarbeiten gemacht werden muss.
Ist man aus dem Wald heraus, zeigt sich am Horizont der Conic Hill, die erste ernst zu nehmende Steigung auf diesem Weg.
Nun wird es ernst, da der kegelförmige Hügel (Conic Hill) erklommen werden will. Mit einer guten Grundkondition, die ich aktuell besitze, stellt dieser jedoch keine sonderlich große Herausforderung dar. Es bieten sich mir erste Bilder, wie man sich die Highlands typischerweise vorstellt und mir kommen, ohne dass ich etwas daran ändern kann, Bilder von Connor MacLeod und Kurgan aus dem Film Highlander in den Kopf 😉 Und da es bekanntlich nur einen geben kann, mach ich mich auf, das Plateau zu erreichen.
Beständig geht es… …nun nach oben. Und immer wieder… …der Blick zurück... …bis das Plateau erreicht ist…
Oben angekommen, finde ich eine Pfütze mit lauter Kaulquappen vor und es eröffnet sich mir ein hervorragender Blick auf den südlichen Teil des Loch Lomond und die sich in ihm befindlichen kleinen Inseln.
Nach dem Abstieg nach Balmaha mache ich eine etwa einstündige Rast, die mit Sandwiches und einem Eis zur Belohnung gekrönt wird. Danach geht’s dann weiter zur Jugendherberge nach Rowardennan, wo ich abends um halb 6 nach 24 Kilometern, einigen Anstrengungen und einem Auf und Ab etwas erschöpft, aber ohne Zwischenfälle ankomme.
Dort habe ich abends ein gutes Essen, bestehend aus Hühnerbrust und irgendeinem unidentifizierbarem, aber schmackhaften Gemüse. Leider ist die Nacht überhaupt nicht erholsam, da ich nach einer kurzen Unterhaltung beim Essen mit Jan, einem deutschen Geo-Physik-Studenten aus Karlsruhe, zwar sofort einschlafe, dann später aber unsanft von einem spät angekommenen Gast geweckt und im weiteren Verlauf von einem schnarchenden Zimmernachbarn für mindestens eine Stunde wach gehalten werde…
Die Jugendherberge, früher mal ein Jagdschloss, macht rein optisch schon etwas her, muss man sagen. Besonders entspannen lässt es sich hier im Gemeinschaftsraum mit Blick auf den See. Allerdings bietet die Jugendherberge nicht gerade wirklich eine moderne Ausstattung. Internet gibt es hier nicht, die sanitären Anlagen sind etwas veraltet. Das junge Personal (u.a. einer der letzten Zivis aus Deutschland) ist nett und hilfsbereit.
22.04.11
Tag 4 – Etappe 3 von Rowardennan nach Inversnaid (11 km)
Nach einer etwas kürzeren Nacht, einem guten Frühstück und einer kurzen Etappe von 11 Kilometern schnurstracks am See entlang, bei der mich Jan beleitet und wir nicht viel mehr als ein Ehepaar und ein paar Ziegen treffen, kommen wir so gegen halb 12 in Inversnaid an.
Dort lernen wir auch Ignazio, einen sehr lebensfrohen Deutsch-Italiener aus Hannover kennen.
Hätte ich nicht vorgebucht, wäre ich gern mit den beiden weitergelaufen. Zugetraut hätte ich es mir allemal, da meine Batterie noch gefühlt voll ist… Für mich geht’s diese Nacht ins Inversnaid Bunkhouse, welches in einer ehemaligen Kirche betrieben wird und wo ich mich seit mittags „indoor“ aufhalte… Vielleicht eine kleine Fehlplanung von mir?! Sicherlich! Hätte ich die Gelegenheit, den Weg nochmal zu wandern, würde ich hier wahrscheinlich nicht mehr Rast machen.
Die Ausstattung der Schlafgelegenheit im Bunkhouse ist sehr einfach gehalten, sehr schön aber das auf dem Dachboden befindliche Top Bunk Bistro, wo ich abends ein sehr „schottisch“ portioniertes Dinner und ein paar Bier zu mir nehme… Besonders schön anzusehen sind die Kirchenfenster, die dort reinstalliert wurden… Wohl fühlen will ich mich hier aber irgendwie trotzdem nicht richtig, auch weil die Gastgeber eher nicht zu den sehr freundlichen Menschen auf dieser Welt gehören. Dem geschuldet ist es wahrscheinlich auch, dass ich hier überhaupt keine Fotos machen will…
23.04.11
Tag 5 – Etappe 4 von Inversnaid über Inverarnan nach Crianlarich (21 km)
Nach einer dennoch einigermaßen erholsamen Nacht (das Bier war wohl schuld) und einem eher mäßigen, kontinentalen Frühstück geht’s am nächsten Morgen gegen 9 Uhr weiter nach Crianlarich.
Die Nacht über hatte es natürlich geregnet, wie passend, nachdem man über diesen Streckenabschnitt sagt, er sei gerade bei Regen nicht zu unterschätzen. Die erste Hälfte des Weges führt mich über Stock und Stein vorbei am schönen, aber steilen Nordufer des Loch Lomond. Dort soll sich auch Rob Roys Höhlenversteck befinden, welches ich gar nicht entdecke. Der Boden ist hier Gott sei Dank nicht ganz so matschig, so dass es zwar eine anstrengende, aber nicht unbedingt auch noch gefährliche Sache wird.
Aufmerksamkeit, so sei hier jedem angeraten, ist aber auf jeden Fall angesagt!!! Für mich interessant. Am moosbewachsenen Ufer, wächst Bärlauch, also erstmal gekostet und hier machte ich auch das erste Mal Bekanntschaft mit einer besonderen Spezies, dem HIGHLAND-Jogger. Mann, die Schotten müssen verrückt sein 😉 Wenn das mal keine Kondition gibt 😉
Weiter über die Bein Glass Farm, wo früher wohl mal Blei verarbeitet wurde, wie ich später lernen werde. Hier gibt es wieder ein Eis und eine Cola zur Belohnung und dann geht´s stracks weiter nach Crianlarich, an einem Fluss, dem River Falloch und immer wieder einigen kleinen Wasserfällen vorbei, die ich aber net so spektakulär finde…
Am Ziel in Crianlarich abgekommen, geht´s wieder mal in den Supermarkt, wo ich für mich eine kleine Leckerei, Scottish-Meat-Pie entdecke und mich mit Brot und Kleinigkeiten (Schmelzkäse – Schnittkäse ist auf wundersame Weise aus 😉 eindecke… Hmm, von wegen vegetarisch essen 😉
Die Jugendherberge in Crianlarich finde ich irgendwie entspannender und auch die sanitären Anlagen sind wesentlich moderner gestaltet. Auch Internet gibt es hier und Sara, die zuständige Mitarbeiterin ist sehr nett… zudem kann man sich hier in der Küche selbst versorgen…
Nachdem ich anschließend für einige Stündchen in der Lounge in einem Reiseführer lese, die Schwachsinnigkeit der Neuauflage der Fernsehserie Dr. Who über mich ergehen lasse und ein Gespräch beim Zähneputzen mit einem schon gut „aufgetankten“ und offenbar anti-englisch eingestelltem Schotten, namens John (nachdem ich ihm sagte, ich sei aus Deutschland, nennt er sich auch „Johann“) über die Notwendigkeit führe, andere Sprachen (außer Englisch) zu lernen, geht’s dann auch in die Falle.
In die Schnarchfalle wieder mal 😉
23.04.11
Tag 6 – Etappe 5 von Crianlarich über Tyndrum und Bridge of Orchy nach Victoria Bridge (26,2 km)
Ok, Entspannung ist in der JH von Crianlarich gut möglich, schlecht hingegen ist das sehr spärliche und rationierte Continental Breakfast. Na ja, ich werde es überleben, denke ich mir und mache mich an diesem Ostersonntag auf den Weg nach Victoria Bridge.
Der Weg führt zunächst ein Stück die bereits am Vortag erwanderte Strecke zurück, durch Tannenwald immer wieder steil nach oben, dann durch das sogenannte Strathfillan (eine Gegend, in der der Heilige St. Fillan, ein Missionar aus Irland im 8. Jahrhundert gewirkt hatte) nach Tyndrum. Hier empfiehlt es sich, im Brodies-Mini-Market einzukaufen, da es das letzte Geschäft vor Kinlochleven in 40 Kilometern Entfernung ist.
Weiter wandere ich am Beinn Dorain (1074m) vorbei, der sich an diesem Tag in dichten Nebel hüllt. Es ist schon beeindruckend, die Züge in der Ferne zu beobachten, die sich auf der Eisenbahntrasse an den Hängen der Berge über die Schluchten schlängeln. Harry Potter und der Hogwarts-Express lassen grüßen.
In meine Richtung fahren diese Züge auch nach Bridge of Orchy, einem Dorf, in dem es ausser dem Bahnhof, einer Feuerwehr, der Brücke über den Orchy River und dem gleichnamigen Hotel nichts Nennenswertes gibt.
Ach, das erste Waldrodungsgebiet habe ich vergessen zu erwähnen, in welches ich munter hinein wandere und erst nach 15 Minuten Urvertrauens und mehrere Flüche später beschließe, endlich umzukehren 😉 Dieser Irrweg kostet mich locker ’ne halbe Stunde. Und das alles bloß, weil vor dem WHW-Wegweiser gerade ein Kleinbus parkt 😉 Ihr sollt wandern, nicht Auto fahren…
Dort wieder angekommen, geht´s zur Belohnung erstmal schön steil nach oben in den Wald… (Mama, wann sind wir endlich, da?) und der Rucksack macht sich, wie des Öfteren mal auf dem Weg geschehen, auf meinen Schultern bemerkbar.
Nachdem ich den Wald hinter mir lasse, geht es über einen kleinen Pass, den Mam Carraigh ins Tal zum Loch Tulla hinab. Dort komme ich dann erschöpft so gegen halb 5 Uhr am Inveroran Hotel (sonst ist nichts in der Gegend) an.

Im Inveroran Hotel, das sich seiner monopolistischen Stellung in dieser Gegend wohl deutlich bewußt gewesen sein muss, heißt es für schlappe 45 £/Nacht erst einmal im B&B-Ambiente chillen (die Hausdame ist irgendwie enttäuscht, dass ich nicht essen möchte), den vorhandenen Gratiskaffee wegtrinken, Wäsche waschen und Fernsehen schauen.

Ach, was hab ich nicht alles gesehen an dem Abend 😉 Neue Gladiatorenshow (The Cube), die hierzulande (zufällig gerade, während ich das schreibe 😉 auf RTL ihr deutsches Pendant gefunden hat… Die Aufgaben bestehen aus Schätzübungen (10 Sekunden schätzen), Gedächtnis- und Balanceübungen etc… zumindest an dem Abend sehr unterhaltsam, wie ich finde… genauso wie die Dokumentation über die BeeGees, die ich mir an dem Abend ansehe, bevor ich ohne Schnarchkonzert (außer meinem eigenen vielleicht) selig ins Reich der Träume gleite…
Near Victoria Bridge Panorama II
23.04.11
Tag 7 – Etappe 6 von Victoria Bridge über Kingshouse Hotel nach Kinochleven (29 km)
Nach einer guten Nacht, frischer Wäsche, einem guten Frühstück, dort treffe ich auch den Schnarcher aus Rowardennan und seine Frau wieder) und um (m)ein Handtuch im Gepäck leichter (per Anhalter durch die Galaxis, wenn ich nicht mehr kann, ist nun wohl nicht mehr?) geht´s bei aufkommendem Sonnenschein zunächst über die Brücke, dann an der an der Victoria Lodge vorbei auf die etwa 14 Kilometer lange Strecke durchs Rannoch Moor… ein Hochmoor, dessen Weite nur manchmal durch ein Stück Wald durchbrochen wird…
Nachdem der Ba-Fluss überquert ist, gelange ich nach einigen weiteren Kilometern am Kinghouse Hotel an, wo ich erstmal ein paar Chips einfahre und von dem netten Schnarcher zu einer Cola eingeladen werde 😉 Hier stelle ich auch mal wieder fest, dass es mir nicht immer leicht fällt, meine englischsprechenden Mitwanderer auf Anhieb zu verstehen, wobei „Schnarchie“ (seinen richtigen Namen habe ich nicht herausgefunden) sich sehr deutlich artikulierte…
Nach einer gut einstündigen Pause, heißt es kurz vor 13 Uhr Aufbruch nach Altnafeadh, wo es dann via sogenannter Teufelstreppe (Devil´s Staircase) über den Pass und dann noch auf einen sehr langen Abstieg nach Kinlochlven geht.
Kinlochleven ist ein tolles beschauliches Bergdörfchen, muss ich schon sagen, wo ich mich im Supermarkt erstmal mit ordentlich Zucker, soll heißen Eis, Schoki und wieder einer Diet Coke zur Belohung eindecke.
Im Bunkhouse Blackwater Hostel, wo ich heute übernachtete, lerne ich dann auch John, Mick und Dave, drei etwas dubios anmutende Engländer kennen, die sich aber als sehr nette Gesprächspartner herausstellen, auch wenn ich oft während des Gesprächs an den Aufenthaltsort meiner Geldbörse denken muss 😉 Wir unterhalten uns über das Ansehen der Engländer in Wales, über Wanderrouten in England (es scheint dort aber nicht so lange zu geben), bevor es dann ins Bett geht, denn morgen steht die letzte Etappe auf meiner Wanderung an.
24.04.11
Tag 8 – Etappe 7 von Kinochleven nach Fort William (24 km)
Am nächsten Morgen, Scharchen hatte mir die Nacht versüßt, mache ich mich bereits um 6 Uhr frisch geduscht mit nassen Haaren auf, um zunächst einmal draußen mein Frühstück (Brot mit Scheiblettenkäse und Salami) einzunehmen, bevor es dann um viertel vor sieben auf die letzte Etappe nach Fort William geht. Auch heute stehen wieder 24 Kilometer auf dem Programm.
Der Weg führt mich zunächst wieder steil nach oben und ich frage mich, ob ich sowas morgens schon haben muss 😉 bevor dann eine endlos scheinende Strecke durch die Highlands zurückgelegt wird… Ich bin allein auf weiter Flur und wünschte, ich könnte den tollen Ausblick mit jemandem teilen.
Ab Lundavra führt die Strecke dann durch mehrere Rodungsgebiete, was die Freude an dieser Etappe doch arg eintrübt… Auch mein rechter Schuh zeigt langsam Auflösungserscheinungen… Als besonders anstregend empfinde, wie auch bei einigen Etappen zuvor, den kilometerlangen Abstieg ins Glen Nevis, das Tal am Fuße des Berges Ben Nevis, den ich auf grobsteinigem Untergrund zu laufen habe…
Nachdem ich mich fast am Ziel wähne, lasse ich mich dazu verleiten, einen öffentlichen Fußpfad nach Fort William zu nehmen. Hier geht es erneut ordentlich bergauf, es bietet sich mir aber ein guter Ausblick auf Fort William und den Loch Linne… Quasi nebenbei erspähe ich bereits meine Unterkunft für den heutigen Tag, das MacBagPacker-Hostel, welches auf einer kleinen Anhöhe liegt…
Da die Rezeption dort aber erst um 5 Uhr öffnet, geht´s zunächst in die Fußgängerzone von FW, wo ich mich mit Cola und einer guten mit Essig, Salz und Ketchup getränkten Portion Fish & Chips für meine erste erfolgreiche Fernwanderung belohne.
Im Hostel angekommen, treffe ich Jan, der sich am Ben Nevis verausgabt hat und später auch Ignazio wieder, mit denen ich nach einer erholsamen Nacht am nächsten Morgen noch ein nettes Gespräch führe.
Zu den MacBagPacker-Hostels:
Für
mich die günstigste und komfortabelste Unterkunft entlang des Weges,
die neben einer jungen Crew ein großes Maß an Selbstbestimmung (Kochen
in der Küche, Gratiskaffee/-tee und Milch), Handtuchverleih und einen
kleinen historischen Diskurs in schottischer Geschichte bietet. So
tragen die einzelnen Betten die Namen berühmter schottischer
Persönlichkeiten, alles ist sauber und so läßt es sich auch mit
Unisexduschen und WCs leben, die aber jeweils abgetrennt und
abschließbar sind.
25.04.11
Tag 8 – Kurzaufenthalt in Edinburgh
Nach dem bereits erwähnten Gespräch und einem Frühstück,welches aus meinen Lebensmittelresten, Toast, Salami, Scheiblettenkäse und einem Hostel-Instantkaffee besteht, steht für mich die Busfahrt nach Edinburgh an. Ein deutsches Kind und sein Vater, die auch nach Glasgow wollen, müssen erstmal schauen, ob sie überhaupt mitfahren durften. Hier zahlt sich die Vorabbuchung über’s Internet aus… Wäre der Bus voll gewesen, hätte man mehrere Stunden warten müssen…
Zurück geht es vorbei an vielen der von mir erwanderten Wegabschnitte… eine sehr schöne Busfahrt. In Glasgow steige ich dann in den Citylink nach Edinburgh. Bei der Buchung habe ich vergessen, dass ich ja nicht zum Airport will, sondern in die Stadt. Ich steige dennoch an der Bushaltestelle aus, was aber überhaupt kein Problem darstellt, weil der nächste Bus kaum eine Minute auf sich warten lässt.
In Edinburgh angekommen, heißt es erst einmal, sich zu orientieren… das MacBagPacker-Hostel am Castle-Rock ist aber wirklich nicht zu verfehlen, so dass ich dies ohne Probleme finde. Dort eingecheckt (Nacht für nur 9 £) geht´s auf kleine Erkundungstour. Hier steht gerade alles unter dem Zeichen der anstehenden Hochzeit von Prinz William und seiner Kate 😉 Mann, was für eine geile Stadt! Schade, dass ich nicht mehr Zeit dafür habe. Auch hier gibt´s wieder Fish & Chips (sehr sättigend) und ich lasse den Abend beim Studieren der Welt am Sonntag ausklingen, bevor ich mich zu Bett begebe.
26.04.11
Abreisetag Flug von Glasgow nach Weeze
Die überwiegend jungen Zimmernachbarn erweisen sich leider die Nacht über als nicht so rücksichtsvolle Kollegen, so dass die Nacht bereits um 6 Uhr für mich endet. Ab unter die Dusche und in der Stadt im Zeitlupentempo im Sonnenschein gefrühstückt, bevor ich dann zum Flughafen fahre, wo ich noch einige Stunden bis zum Abflug meiner Maschine ausharren muss, bis ich nach einem störungsfreien Flug wieder wohlbehalten in der Heimat ankomme.
Fazit:
Schottland und speziell der West Higland Way sind eine Reise wert. Es bieten sich atemberaubende Landschaften, die man in aller Einsamkeit durchwandern kann. Auch wenn es hier landschaftlich ein wenig rauher als in Irland zugeht, möchte ich gern wieder irgendwann einmal hierhin zurückkehren … vielleicht um den Great Glen Way oder den neu eröffneten East Highland Way zu wandern… die Zeit wird es bringen…
Wenn es um die Frage geht, wo man übernachten soll, würde ich künftig die MacBackpacker Hostels jedem anderen Bunkhouse vorziehen, oder andernfalls darauf achten, dass es Möglichkeiten zur Selbstverpflegung gibt, da das Essensangebot entweder schlecht ist oder aber das Budget sprengt, denn unter 10 £ ist ein Dinner kaum zu haben.
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